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Steuerverfahrensrecht

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Einspracheverfahren

Rechtsgebiet:
Steuerverfahrensrecht
Stichworte:
Steuerverfahrensrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Einsprache ist der Rechtsbehelf, mit welchem der Steuerpflichtige die Veranlagungsverfügung in erster Instanz anfechten kann (DBG 132):

  • Definition
    • Einsprache   =   Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen, welcher bewirkt, dass die Steuerbehörde ihre Entscheidung überprüft und neu entscheidet
  • Grundlagen
    • DBG 132 ff.
    • StHG …
  • Rechtsnatur
    • Lange umstritten, weil die Einsprache nicht von einer unabhängigen Instanz beurteilt wird
    • Das Einspracheverfahren wurde daher zum Veranlagungsverfahren im weiteren Sinne gezählt
    • Allerdings hat das Einspracheverfahren doch Wirkungen wie ein ordentliches Rechtsmittel:
      • Hemmung des Eintritts der formellen Rechtskraft
      • Vollkommenes Rechtsmittel
        • alle Mängel des Veranlagungsverfahrens können geltend gemacht werden
      • Reformatorisches Rechtsmittel
        • Entscheid der Einsprachebehörde ersetzt den Veranlagungsentscheid
    • Heute gilt das Einspracheverfahren als eigentliches Rechtsmittel (vgl. StE 2005 B 95.2 Nr. 9)
  • Ziel
    • Rückkommen auf die Veranlagungsverfügung, mit dem Ziel einer Korrektur
  • Funktion
    • Korrektur des Veranlagungsverfügung
  • Anfechtungsgegenstand / Wirkung
    • Anfechtungsobjekt
      • Einsprache richtet sich die Steuerveranlagung
    • Wirkung
      • Zurückkommen der Veranlagungsbehörde auf ihre Verfügung
  • Einsprache / Frist
    • Einsprache-Erhebung
      • Der Steuerpflichtige hat die Einsprache mit dem Antrag innert 30 Tagen schriftlich bei der Veranlagungsbehörde (vgl. DBG 132 Abs. 1)
        • Die Einsprachefrist ist nicht erstreckbar.
    • Postaufgabe
      • Allgemein
        • Es ist Sache des Steuerpflichtigen nachzuweisen, dass er rechtzeitig Einsprache erhoben hat.
          • Schriftliche Eingaben müssen bis um 24 Uhr des letzten Tages der Einsprachefrist der Post übergeben worden sein.
          • Die steuerpflichtige Person kann die Versandart frei wählen.
      • Postaufgabenachweis
        • Als Beweis genügt in der Regel der Poststempel.
        • Ungenügend ist der Einwurf der Einsprachesendung in den Briefkasten der Post am letzten Tag der Frist nach Schalterschluss.
      • Zeugen- oder Dokumentenbeweis
    • Als Beweis für die Fristwahrung kommen auch Zeugen oder Schriftstücke in Betracht.Fristwiederherstellung
    • Im Falle einer unverschuldeten Verhinderung kann die Einsprachefrist wiederhergestellt werden.
    • Fristwiederherstellungsgründe sind:
      • Militärdienst
      • Landesabwesenheit (Ferien sind kein Grund)
      • Unfall
      • Krankheit
      • Andere erhebliche Gründen, welche an einem rechtzeitigen Handeln hindern
    • Der Steuerpflichtige Person hat aber die versäumte Handlung innert 30 Tagen nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen und gleichzeitig nachzuweisen, dass er verhindert war (vgl. DBG 133 Abs. 3).
      • Wird diese Frist nicht eingehalten, ist das Recht auf eine Widerherstellung verwirkt.
    • Der Hinderungsgrund muss also benannt sowie dessen Dauer bewiesen werden (Arztzeugnis, Bestätigungen, Urkunden, Belege aus der Zeit etc.).
  • Einsprachegegenstand
    • Einlässlich begründete Veranlagungsverfügung
      • Richtet sich die Einsprache gegen eine einlässlich begründete Veranlagungsverfügung, kann sie – mit Zustimmung des Steuerpflichtigen – direkt als Beschwerde an die Steuerrekurskommission weitergeleitet werden (= Sprungbeschwerde, vgl. DBG 132 Abs. 2); Ziel einer solchen Sprungbeschwerde soll der Verwaltungsaufwand reduziert werden
    • Ermessensveranlagung
      • Anforderungen
        • Anfechtung nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit
        • Begründungspflicht (im Gegensatz zu Einsprachen in den übrigen Fällen)
        • Bezeichnung allfälliger Beweismittel (vgl. DBG 132 Abs. 3)
      • Nicht erfüllte Anforderungen der Einsprache
        • Fehlen Begründung oder Beweismittel-Nennung, wird die Einsprachebehörde – mangels Erfüllung der formellen Mindestanforderungen – nicht auf die Einsprache eintreten
  • Einspracheverfahren
    • Neuaufrollung des Veranlagungsfalls
      • Die Steuerbehörde hat das Recht, die ganze Veranlagung neu zu prüfen, auch wenn der Steuerpflichtige nur gegen einen bestimmten Veranlagungsteil Einsprache erhoben hat
    • Volle Neuentscheidungskompetenz der Steuerbehörde
      • Die Einsprachebehörde kann mit ihrem Einspracheentscheid die ursprüngliche Verfügung ändern, und zwar:
        • zugunsten des Steuerpflichtigen (reformatio in melius)
        • zuungunsten des Steuerpflichtigen (reformatio in peius)
    • Weiterführung des Einspracheverfahrens trotz Einspracherückzug
      • Zieht der Steuerpflichtige seine Einsprache zurück, kann das Einspracheverfahren – wegen der vollen Kognition der Einsprachebehörde von Amtes wegen – weitergeführt werden, falls nach den Umständen anzunehmen ist, dass die Veranlagung unrichtig war (vgl. DBG 134 Abs. 2)
    • Rechtliches Gehör
      • Der Steuerpflichtige hat Anspruch auf mündliche Anhörung
  • Einspracheentscheid
    • An den Einspracheentscheid werden bestimmte formelle Anforderungen gestellt:
      • Begründung
        • Tatsächliche Teststellungen
        • Rechtliche Erwägungen
        • Vgl. DBG 135 Abs. 2
      • Rechtsmittelbelehrung
      • Kostenfreiheit (vgl. DBG 135 Abs. 3), in der Regel
      • Schriftliche Eröffnung an den Steuerpflichtigen

Literatur

  • MÄUSLI-ALLENSPACH PETER / OERTLI MATHIAS, Das Schweizerische Steuerrecht – Ein Grundriss mit Beispielen, 8. aktualisierte und überarbeitete Auflage, Muri b. Bern 2015, S. 309 ff.
  • MEIER SIRGIT, Fallstricke im Steuerverfahren, in: ZBJV 158 (2022), S. 553 ff. (Themenkreis Fallstricke im Einspracheverfahren)
  • REICH MARKUS, Steuerrecht, Zürich 2012, S. 570 ff.
  • ZWEIFEL MARTIN / ATHANAS PETER, Kommentar DBG, Art. 132 – Art. 135 DBG (Einsprache; ZWEIFEL MARTIN) und Art. 140 – Art. 146 DBG (Beschwerde; CAVELTI ULRICH)
  • ZWEIFEL MARTIN / ATHANAS PETER, Kommentar StHG, Art. 48 StHG (Einsprache, ZWEIFEL MARTIN) und Art. 50 (Rekurs; CAVELTI ULRICH)

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